Kritik statt Gewalt: So werden PC-Spiele zensiert

Es gab einmal eine Zeit, da liefen die Medien hin und wieder tatsächlich noch Sturm gegen eine Forderung der Regierung. Eine Forderung, die tief in die Meinungsfreiheit eingegriffen und einen direkten Verstoß gegen den schönen Satz im Grundgesetz „Eine Zensur findet nicht statt“ dargestellt hätte. Das war Anfang der 2000er-Jahre, die federführende Regierung war die der CSU in Bayern und das, was es aus deren Sicht zu verbieten galt, das waren die sogenannten Killerspiele.

Unsere Wir klären das-Folge zum Thema:

Was sind „Killerspiele“?

Killerspiele, das waren (oder sind) Videospiele, die sich nicht zuletzt durch das hohe Maß an dargestellter Gewalt einer großen Beliebtheit unter Jugendlichen erfreuen. Wie fast alles in der Politik kam die Forderung nach einem Verbot solcher Spiele natürlich nicht aus dem luftleeren Raum: Hintergrund waren die Amokläufe von Erfurt (2002), Emsdetten (2006) und Winnenden (2009), bei denen jugendliche Täter zahlreiche Menschen töteten und verletzten. Allein in Winnenden starben 16 Menschen durch den Einsatz von Schusswaffen. Der damalige bayerische Innenminister und spätere Ministerpräsident Bayerns, Günther Beckstein, wurde zum prominentesten Vertreter eines „Killerspielverbots“. Einen Gesetzesentwurf dazu legte er bald darauf vor.

Wie kommt es, dass die Debatte, die damals mit aller Schärfe geführt wurde, heute komplett in Vergessenheit geraten ist? Beckstein – und mit ihm die CSU – litt damals (wie heute) unter der Krankheit, die irgendwann alle (Pseudo-)Konservativen ereilt: Sie waren nicht in der Lage, die Zeichen der Zeit zu deuten. Ein Killerspielverbot entsprach sicherlich den Überzeugungen der damals herrschenden Politikerriege der Christsozialen und war gut geeignet, um das Image der Law-and-Order-Partei zu unterfüttern. In seiner Zeit als Innenminister hatte Beckstein mehrerer solcher vermeintlichen Hardliner-Versuche unternommen, um sich als „harter Hund“ zu profilieren. Für alle anderen, also den großen Teil der Gesellschaft, musste eine Forderung nach einem Verbot bestenfalls als Anachronismus gelten und Beckstein als einer, der das „neuen“ Medium Videospiel weder verstehen konnte noch wollte. Das Verbot kam nicht und 2008, nach einer desaströsen Landtagswahl, war Beckstein politisch erledigt.

Neue Formen des „Jugendschutzes“

Ziemlich bald mit Beckstein verschwand auch die Killerspiel-Diskussion – und sie kam auch nicht wirklich wieder. So groß der Aufschrei damals war – von spielejournalistischen Leitmedien wie der Gamestar bis hin zur Bild-Zeitung –, heute prangert niemand mehr die Zensur an, die mit dem Jugendschutz gerechtfertigt wird. Denn das passiert tatsächlich.

Die Killerspiele standen deswegen in der Kritik, weil ihr hoher Gewaltgrad die Jugend angeblich verrohen würde – wer digital Menschen überfahren, erschießen oder totschlagen könne, der müsse dieses Verhalten irgendwann auf die Realität übertragen. Tatsächlich reichen aber bereits die bestehenden Regelungen aus, um bestimmte Medienformen zu zensieren. Kündigten eher ungeschickt agierende „Konservative“ wie Beckstein noch groß eine Gesetzesreform an, um Killerspiele zu verbieten, verschwinden Videospiele mit „jugendgefährdenden Inhalten“ heute bürokratisch und ohne großen Aufschrei.

Wie funktioniert die Zensur?

Federführend dafür ist die ehemalige Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (kurz: BPjM), die seit 2021 Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz heißt. Sie kann – wenn sie das für richtig hält – Videospiele indizieren, also effektiv verbieten, dass diese Medien vertrieben und beworben werden. Nur: Diese Zentrale dient nicht nur dazu, die Jugend vor Gewalt- oder Sexualdarstellung zu schützen (tatsächlich ist die Messlatte hierfür in den letzten zehn Jahren massiv gesunken), sondern auch dazu, ungewünschte politische Botschaften vom Zielpublikum fernzuhalten. Passenderweise ist das entscheidende Gremium bei der Bundeszentrale mit Personen bestückt, die selber Mitglied der Altparteien sind, über andere Verbindungen zu ihnen verfügen oder zumindest deren Ansichten teilen.

So twittern Mitglieder des zensierenden Gremiums freimütig unter dem Hashtag #noAfD. In dem „satirischen“, aber klar gegen Rechts gerichteten Computerspiel Bundesfighter II Turbo kann sich der AfD-Politiker Alexander Gauland in ein Hakenkreuz verwandeln. Ein federführendes Mitglied der Bundeszentrale findet das nicht fragwürdig, sondern freut sich darüber, dass diese Darstellung nicht gemäß Paragraph 86a StGB – also das Aufzeigen verfassungswidriger Symboliken – verboten worden war. Für den Autor ein „Lichtblick“.

Kurz: Wer in der Bundeszentrale für Kinder- und Jugendmedienschutz und ihrem Vorgänger, der BPjM, die Entscheidungen trifft, der ist sicherlich kein kritischer Geist, sondern befindet sich mit der aktuellen Regierung auf einer Linie. Wer Kritik an linken Einstellungen äußert, landet im Visier der Bundeszentrale.

 

Das populärste Beispiel ist ein Videospiel, das auf dem Index landete, weil es von einer hinlänglich als „rechtsextremistisch“ denunzierten Organisation vertrieben wurde – nämlich von uns, von „Ein Prozent“. Das Spiel war unangepasst, viele Inhalte konnten als Kritik an Meinungsdiktatur (welch Ironie!), Masseneinwanderung, modernem Kapitalismus und Homo-Lobbyismus gedeutet werden. Nur: Wo Gewalt beim Jugendschutz keine Rolle mehr spielt, tritt nun politische Korrektheit an die Stelle. Das Spiel wurde indiziert und bleibt es bis heute noch, ein Gerichtsverfahren endete mit einer Niederlage für uns. Im schlimmsten Fall ist das für das politische Establishment ein Präzedenzfall, wie man unliebsame Medien in der Versenkung verschwinden lassen kann. Doch ähnlich wie bei den Killerspielen ist das Momentum nicht mit den Zensoren: In den Tiefen des Internets kursiert das Videospiel weiter. Es wird gespielt – und das ist die Hauptsache.

Unser Computerspiel wurde indiziert!:

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